Eine Szene aus Der erste Mensch, die Camus selbst erlebt hat, als er auf dem Soldatenfriedhof in St. Brieuc am Grab seines Vaters stand:
„Dann las er beide Jahreszahlen, «1885 – 1914», und rechnete mechanisch: neunundzwanzig Jahre. Plötzlich überfiel ihn ein Gedanke, der ihn bis ins Mark erschütterte. Er war vierzig Jahre alt. Der unter dieser Steinplatte begrabene Mann, der sein Vater gewesen war, war jünger als er.
Und die Welle von Zärtlichkeit und Mitleid, die auf einmal sein Herz überflutete, war nicht die Gemütsregung, die den Sohn bei der Erinnerung an den verstorbenen Vater überkommt, sondern das verstörte Mitgefühl, das ein erwachsener Mann für das ungerecht hingemordete Kind empfindet – etwas entsprach hier nicht der natürlichen Ordnung, und eigentlich herrschte hier, wo der Sohn älter war als der Vater, nicht Ordnung, sondern nur Irrsinn und Chaos.“ (1)
(1) Albert Camus, Der erste Mensch. Deutsch von Uli Aumüller. Rowohlt-Verlag, Reinbek b. Hamburg 1995, 1997, S. 28.