Ein frohes neues Jahr und bonne année allerseits! Willkommen zurück. Dass es mit dem Blog auch 2016 weitergehen sollte, hatte ich ja bereits angekündigt. Jetzt macht es mir das Bonner fringe ensemble leicht, den Vorsatz auch sogleich in die Tat umzusetzen: Vom 15. bis 17. Januar veranstalten die Theaterleute gemeinsam mit weiteren Kultur-Aktivisten ein kleines Camus-Festival. Kein runder Camus-Geburts- oder Todestag steht an, kein sonstiges Jubiläum – Camus, einfach so. Das freut mich besonders. Freundlicher Weise hat mir Claudia Grönemeyer vom fringe ensemble schon unaufgefordert umfangreiche Informationen zugeschickt, die ich hier gern ungekürzt wiedergebe.
Vive Camus!
Festival vom 15. bis 17. Januar 2016
Ein Projekt von Euro Theater Central und fringe ensemble/theaterimballsaal in Kooperation mit dem Bonner Kunstverein und dem Rex-Kino Bonn.
Es lebe Camus! Seine philosophischen, politischen und humanen Überzeugungen können im Hier und Heute eine geradezu verführerische Kraft entwickeln. „Ich revoltiere, also sind wir“ besagt nichts anderes, als dass uns der Widerstand gegen die bestehenden Verhältnisse zum Menschen macht, dass wir im Umkehrschluss die Bedingungen, die unser Leben und Zusammenleben bestimmen, selbst bestimmen dürfen, können und ja auch müssen.
In einem gesellschaftlichen Klima, in dem Besitzstandswahrung zum Lebensziel zu werden scheint, in der ein Miteinander verschiedener Kulturen und Glaubensrichtungen Gewalt und Terror hervorruft, besitzt Camus’ Denken neue Brisanz. Mit seiner Idee der „permanenten Revolte“ ist eine gestalterische Kraft verbunden. Eine Verführung mit Zukunftspotenzial.
In unserem kurzen, aber umso dichteren Festival laden wir Sie ein, sich von den Verneinungen Camus’ – kein Sinn, keine Vernunft, kein Gott… –, von der im besten Sinne beunruhigenden Kraft seiner Gedanken und Entwürfe anstecken zu lassen.
Dazu haben Sie Gelegenheit, wenn Sie die beiden Blockbuster DER FREMDE und DIE PEST an einem Abend erleben und davor, dazwischen und danach auch im Café Camus seinem Geist erliegen dürfen, oder wenn Sie die Premiere von DER FALL mit DIE GERECHTEN kombinieren, oder doch lieber den Film VIVRE AVEC CAMUS mit DER FREMDE, oder einem französischem Frühstück mit CROISSANT, CAFÉ UND CIGARETTE den Film DEN MENSCHEN SO FERN folgen lassen, oder DEN FALL mit unserer Podiumsdiskussion krönen, die mit dem Literaten und Vorsitzenden der deutschsprachigen Camus-Gesellschaft-Aachen, Sebastian Ybbs, dem Philosophieprofessor Rudolf Lüthe und dem Theologen Johannes Sabel kaum antagonistischer besetzt sein könnte.
Wir bieten jede Menge Möglichkeiten, geben keine Gebrauchsanleitung und freuen uns auf ein vielseitiges und lebendiges Festival: Wir sehen uns im Euro Theater Central, im theaterimballsaal, im Kunstverein Bonn und im Rex-Kino.
Vive Camus!
Karteninformation:
Der Kauf eines Festival-Tickets (39,- / 27,- €) berechtigt zum Eintritt in alle aufgeführten Veranstaltungen (mit Ausnahme der Filmvorführung im Rex-Kino: 7,50 € / 6,- €). Festival-Tickets sind nicht übertragbar. Mit dem Festival-Ticket ist keine Einlassgarantie verbunden, d.h. eine vorherige Platz-Reservierung für die jeweiligen Veranstaltungen ist erforderlich.
Einzeltickets:
Theater und szenische Lesung: 14,- / 9,-
Podiumsdiskussion: 9,- / 6,-
Kino im Rex: 7,50 / 6,-
Film im theaterimballsaal: Eintritt frei
Tickets: bei allen Bonn-Ticket Vorverkaufsstellen, theaterimballsaal, Euro TheaterCentral/ Theater- und Konzertkasse in der Galeria Kaufhof Bonn, Rex-Kino Bonn und an der Abendkasse je eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn
Die Veranstaltungen im Einzelnen:
Café Camus
Gäste: Bettina Marugg, Virginie Cointe, Johannes K. Prill, Claudia Dalchow, Andréanne Leclerc
Im Festival-Café im theaterimballsaal heißt es vor zwischen und nach den Vorstellungen „parler et boire“. Tun Sie es den französischen Intellektuellen oder einfach den Genießern gleich und folgen Sie unserem Motto. Sie dürfen dabei mit der einen oder anderen frankophilen, existentialistischen wie absurden Unterbrechung rechnen.
Die Pest
Fr 15. Januar 2016 // 19 Uhr und So 17. Januar 2016 // 20 Uhr // im theaterimballsaal // 14,- € / 9,- €
Mit: Andreas Meidinger // Regie: Frank Heuel // Raum, Kostüme: Annika Ley
Das Böse hat in der algerischen Hafenstadt Oran in Form des Pestbazillus Einzug gehalten und zwingt die Stadt, ihre Tore zu schließen. Niemand – ganz gleich ob infiziert oder noch gesund – darf die Stadt verlassen, niemand mehr hinein.
Im Zentrum des Kampfes gegen das Unheil steht der Arzt Rieux, den sein solidarisches und emphatisches Handeln gegen den Erreger und die lang anhaltende Ignoranz der Stadtoberen gegen die Krankheit immun macht.
Eine Produktion des fringe ensemble.
Der Fremde
Fr 15. Januar 2016 // 21 Uhr und Sa 16. Januar 2016 // 18 Uhr // im theaterimballsaal // 14,- € / 9,- €
Theaterfassung: Werner Düggelin und Ralf Fiedler // Mit: Richard Hucke, Frank Musekamp // Inszenierung und Ausstattung: Jan Steinbach
Der Fremde ist die Geschichte des kleinen Büroangestellten Meursault. Nach dem Tod seiner Mutter, der ihm nicht sonderlich nahe geht nimmt er sich ein paar Tage frei. Er beginnt eine Liebesbeziehung mit einer früheren Arbeitskollegin, tut einem Nachbarn einen Gefallen und wird als Gegenleistung zu einem kleinen Strandurlaub eingeladen. Dort werden er und sein Nachbar von einigen Arabern angegriffen. Mersault kann Schlimmeres verhindern, indem er die Waffe seines Nachbarn an sich nimmt. Später trifft er allein auf einen der Araber und erschießt ihn. Im anschließenden Mordprozess wird ihm sein Verhalten in den Tagen nach dem Tod seiner Mutter zum Verhängnis. Seine Beteuerung, der Mord sei unbeabsichtigt geschehen bleibt ungehört.
Eine Produktion des Euro Theater Central.
Die Gerechten
Sa 16. Januar 2016 // 20.30 Uhr und So 17. Januar 2016 // 20 Uhr im Euro Theater Central // 14,- € / 9,- €
Mit Richard Hucke, Frank Musekamp, Andreas Kunz, Doris Lehner | Regie Jan Steinbach | Ausstattung Franz Dittrich
Eine sozialistische Gruppe im vorrevolutionären Russland plant ein Attentat auf Großfürst Sergej, den Onkel des Zaren. Janek, der die erste Bombe werfen soll, zögert beim Anblick der Kinder im Wagen des Großfürsten, und unter den Genossen entbrennt ein Streit über die moralische Rechtfertigung des politischen Mords.
Eine Produktion des Euro Theater Central.
La Chute (Der Fall)
szenische Lesung in französischer Sprache
Premiere: Sa 16. Januar 2016 // 19 Uhr und So 17. Januar 2016 // 17.30 Uhr im Bonner Kunstverein // 14,- € / 9,- €
Mit: Nourredine Chamari und Olaf Reinecke // szenische Einrichtung: Ulrike Fischer
Für diesen Roman erhielt Camus den Literatur Nobelpreis: Untergetaucht im Amsterdamer Rotlichtviertel bekennt sich ein ehemaliger Staranwalts zu Selbstgefälligkeit und Opportunismus als Triebfedern seines einstigen Rechtsbewusstseins. Eine atemberaubende Beichte!
Eine Produktion des Euro Theater Central.
Vivre avec Camus / Lektüre fürs Leben
Film von Joël Calmettes
Sa 16. Januar 2016 // 20 Uhr im theaterimballsaal // Eintritt frei
Der Filmemacher Joël Calmettes hat sich 2013 auf die Suche nach Menschen gemacht, deren Leben durch Camus’ Werk maßgeblich beeinflusst wurde. Die Dokumentation zeigt, dass weltweit Menschen aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten durch seine Texte geprägt wurden. Es kommen u. a. ein japanischer Lehrer, ein unschuldig zum Tode verurteilter Amerikaner, ein französischer Arzt, ein kanadischer Parkettleger und die Punk-Ikone Patti Smith zu Wort.
Der Film „Vivre avec Camus / Lektüre fürs Leben“ wird gezeigt mit freundlicher Unterstützung von arte, des Regisseurs Joël Calmettes und seiner Produktionsgesellschaft Chiloé Productions.
Den Menschen so fern
Film von David Oelhoffen (OmU)
So 17. Januar 2016 // 13 Uhr im Rex-Kino // 7,50 € / 6,- €
Albert Camus reiste als einer der Ersten zu den Nomadenstämmen im Süden seines Heimatlandes Algerien und schrieb über sie. In Algier, wo er in einfachsten Verhältnissen aufgewachsen war, lebte er Tür an Tür mit der arabischen Bevölkerung. Dem Film „Den Menschen so fern“ liegt Albert Camus’ Kurzgeschichte „Der Gast“ zugrunde. Der Regisseur David Oelhoffen adaptiert sie frei: Viggo Mortensen und Reda Kateb sind darin zwei gegensätzliche Männer, die im ausbrechenden algerischen Kolonialkrieg Gemeinsamkeiten entdecken.
Der Gegenwart alles geben
Widerstand und Revolte im Verständnis von Albert Camus
Podiumsdiskussion: So 17. Januar 2016 // 19 Uhr im Bonner Kunstverein // 9,- € / 6,- €
„Ich sage lediglich, dass man sich jeder Legitimierung der Gewalt verweigern muss. Sie ist zugleich notwendig und nicht zu rechtfertigen“, schreibt Albert Camus in seinem Text „Dialog um des Dialoges Willen“. Kann uns die Haltung Camus´ angesichts heutiger Konflikte, Kriege und Verfolgungen weiterhelfen? Sebastian Ybbs (Schriftsteller und Präsident der deutschsprachigen Albert-Camus-Gesellschaft) diskutiert mit Prof. Rudolf Lüthe (deutscher Philosoph und Professor für Philosophie) und Dr. Johannes Sabel (Theologe und Leiter des Katholischen Bildungswerkes Bonn) über ethische und philosophische Denkansätze, zu denen Albert Camus sie angeregt hat.
Übersicht aller Festival-Termine
Quel merveilleux programme !
Sincères félicitations
Claudie