In der Redaktion trudeln so langsam die Vorschauen auf das Herbstprogramm der Verlage ein. Die größten Erwartungen auf Camus-Neuerscheinungen in Deutschland anlässlich seines 100. Geburtstages am 7. November liegen natürlich bei seinem deutschen Hausverlag, dem Rowohlt-Verlag. Der kündigt in der Tat für den 20. September zwei Titel an: zum einen eine Neuausgabe seiner Dramen in neuer Übersetzung und erweitert um die Calderón-Bearbeitung Die Liebe zum Kreuz sowie um das Kammerstück Der Impromptu der Philosophen, das Camus unter Pseudonym veröffentlichte, und das in Frankreich erst 2006 erschienen ist – mir bislang unbekannt, wie ich gestehen muss. Camus nimmt darin Jean-Paul Sartre auf die Schippe: Ein Irrer erklärt einem ehrbaren Bürger die Absurdität des Lebens, heißt es in der Ankündigung. Das zweite ist eine neue Biografie mit dem Titel Camus. Das Ideal der Einfachheit, geschrieben von Iris Radisch, Leiterin des Feuilletons bei der Zeit. Man darf gespannt sein, welches neue Pack-Ende die Autorin nach all den bereits vorliegenden Biografien über Camus für eine weitere gefunden hat – und ob sie gar etwas Neues oder einen neuen Blick bereithält.
Die neue Dramen-Ausgabe ist natürlich schön, aber…
Für meine Begriffe weitaus spannender (und dem Camus-Geburtstag angemessener) wäre es gewesen, die bisher nicht ins Deutsche übersetzten, für das Camus-Verständnis so bedeutenden journalistischen und politischen Schriften vorzulegen. Diese Chance hat man hierzulande nicht genutzt, dafür aber in den USA: Dort sind jetzt Camus’ Chroniques algériennes auf englisch erschienen. Und der New York Times war das eine ausführliche Besprechung wert: unter dem Titel The Postcolonial. ‚Algerian Chronicles‘, by Albert Camus. Die Chroniques algériennes versammeln Camus’ über einen Zeitraum von 20 Jahren verfasste Schriften zur Algerienfrage – überwiegend Artikel aus verschiedenen Zeitungen. 1958 bei Gallimard erschienen ist die Sammlung das letzte zu seinen Lebzeiten veröffentlichte Werk Camus’. Auf deutsch liegen nur (identische) kurze Auszüge in den Rowohlt-Bänden Fragen der Zeit und Verteidigung der Freiheit vor. Auf eine vollständige Veröffentlichung wird man bei uns wohl vorerst auch weiterhin vergeblich warten müssen.
Info:
Algerian Chronicles. By Albert Camus. Translated by Arthur Goldhammer, edited by Alice Kaplan. 224 Seiten. The Belknap Press/Harvard University Press, $21.95.
…auch ich bedanke mich für den Hinweis zur englischen Übersetzung der ‚Chroniques algériennes‘ Ist schon bestellt!
Auch ich hätte mir die deutsche Übersetzung der „Chroniques algériennes“ gewünscht! Vielen Dank für den Hinweis auf die englische Version. –
In der Sammlung „Nouveaux regards“, brachte das Magazine Littéraire im Februar 2013 den Band „Albert Camus“ heraus (ISBN 979-10-91530-05-7), dessen erster Teil unter der Überschrift „Parcours et engagements“ dem politischen Denken und Handeln von AC gewidmet ist und einige informative „neue Blicke“ auf den Algerier AC ermöglicht. Leider bleibt in dieser Sammlung der anarcho-syndikalistische Ansatz ausgeklammert.