Lourmarin, 5. Oktober 2018. Zum Glück war ich am ersten Tag der Rencontres frühzeitig vor Beginn des ersten Vortrags im Espace Albert Camus angekommen und habe mich nicht vom Markt draußen ablenken lassen. So blieb neben einem ersten Blick auf den vollgepackten Büchertisch und den Begrüßungszeremonien noch Zeit, die an einem Drahtgestell aufgehängten Bilder an der Seitenwand in Augenschein zu nehmen, die sogleich mein Interesse geweckt hatten. Klar war schon auf den ersten Blick von weitem, dass es sich wohl um Schülerarbeiten handeln würde – überrascht hat mich dann aber doch die Tatsache, dass es sich um die Werke von Kindern einer Grundschulklasse handelt. Camus in der Grundschule? Tatsächlich: Die Klasse CE2B der l’École Élémentaire Publique d’Eyragues hat mit ihrem Lehrer Florian Bouscarle das Thema der diesjährigen Rencontres De l’ombre vers le Soleil, Albert Camus face à la violence aufgenommen. Sie haben Auszüge aus Der erste Mensch, aus Der Fremde, Hochzeit in Tipasa und sogar aus dem Sisyphos gelesen und über verschiedene Aspekte von Gewalt gesprochen: über physische, psychologische, moralische politische, emotionale Gewalt oder gegen die Umwelt gerichtete Gewalt. Danach haben sie sich auf zweifache Weise bildnerisch Camus genähert: Der Person Albert Camus im Porträt – und, angeregt von den bandes dessinées von Jacques Ferrandez, indem sie die Szene des Mordes aus L’Étranger gezeichnet haben. Beeindruckend, wie unterschiedlich die Kinder die Szene gestaltet haben. Dass die Behandlung des Themas Gewalt an Grundschulen gehört – ob in Frankreich, Deutschland oder sonstwo – daran hatte ich keinen Zweifel. Bei dem Thema „Camus“ wäre ich mir zuvor nicht so sicher gewesen – aber hier hat es mich sogleich überzeugt. Chapeau!
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