„Selbst meinen Tod wird man mir streitig machen. Dabei habe ich heute vor allem den Wunsch nach einem leisen Tod, der den von mir geliebten Menschen Frieden brächte.“ *
Wie vorausschauend dieser Tagebucheintrag von Camus war… An einen leisen Tod war für den Nobelpreisträger längst nicht mehr zu denken, und sein überraschender Tod wurde zum nationalen Ereignis. Aber kann ein Tod, laut oder leise, jemals den geliebten Menschen Frieden bringen? Für mich ein befremdlicher Gedanke. Aber er zeigt, wie sehr dieser Mann (der doch ach so donjuaneske, Frauen „verbrauchende“ Macho, wie er gern mal dargestellt wird), wie er sich um die geliebten Menschen sorgte. Umgetrieben von dem Gedanken, dass das Leben mit ihm den geliebten Menschen keinen Frieden bringen würde, dass es ihnen immer Opfer abverlangen würde. Anders ist dieser Eintrag in meinen Augen nicht zu deuten. – Immerhin: Man hat ihm sein schlichtes Grab auf dem schönen Friedhof von Lourmarin gelassen und ihn nicht, wie vor einigen Jahren vom damaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ins Gespräch gebracht, ins Pariser Pantheon gezerrt. Möge er dort weiter in Frieden ruhen.
Albert Camus starb heute vor 61 Jahren, am 4. Januar 1960, auf der Fahrt von Lourmarin nach Paris bei einem Autounfall.
„Même ma mort me sera disputée. Et pourtant ce que je désire de plus profond aujourd’hui est une mort silencieuse, qui laisserait pacifiés ceux que j’aime“. **
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*Albert Camus, Tagebücher 1951-1959. Deutsche Übersetzung von Guido G. Meister. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 45. ** Albert Camus, Oeuvre complètes IV, 1957-1959, édition publiée sous la direction de Raymond Gay-Crosier, Gallimard, Paris 2008, Bibliothèque de la Pléiade, (Seitenzahl wird nachgeliefert).
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Eine Rose für Albert Camus
Ich habe den sehr schönen – sogar erstaunlich gefühlvollen – Text von Sartre gefunden, der am 6. Januar 1960 anlässlich des Todes Camus im „France Observateur“ erschien.
Camus wünscht sich diese „mort silencieuse“ in seinem Tagebuch 57-59 . Einige Jahre zuvor hat er viel durchmachen müssen: Verleumdungen, Beschimpfungen, Verachtung, zerbrochene Freundschaften, unfaire Attacken der Pariser Marxistenclique dieser Zeit, usw… Zwei Philosophien standen sich gegenüber. Der Wunsch nach Frieden für sich und die Menschen, die er liebt , nur verständlich. Heute haben sich viele Stimmen erhoben, die sagen, Camus hatte recht.
Sogar der damalige Text von Sartre will Frieden bringen und das nicht aus Sentimentalität sondern als bewundernder Freund. Und es gelang ihm.
Camus hat sich sicher gefreut.
…vieln Dank für deine tolle Arbeit, liebe A-K!
Lieber JL, vielen Dank für das liebe Kompliment, ich freue mich, dass du mitliest. Ja, der Nachruf von Sartre ist sehr schön und freundschaftlich nach dem tiefen Zerwürfnis der beiden. Wenn ich mich recht erinnere, schreibt er dort aber auch „wir werden lernen müssen, dieses abgerissene Werk als ein Ganzes zu sehen“ – und hat damit mehrere Jahrzehnte Camus-Interpretation zumindest stark beeinflusst… Ein abgeschlossenes Werk: Das Absurde und die Antwort darauf, die Revolte. So hat man es fortan immer gesehen und dabei ignoriert, dass Camus‘ Werk eben nicht in zwei, sondern in drei Stadien angelegt ist: das Stadium der Liebe stand noch aus. Es hat gedauert, bis sich diese Sichtweise durchgesetzt hat – inzwischen sogar auch in Frankreich ;-).
Schau‘, eine kleine Idee vielleicht ergänzend, wenn ein Mensch einen leisen Tod stirbt im Sinne von mit wenig Schmerz und sanftem Einschlafen, vielleicht macht er seinen ihn liebenden Menschen nicht nur, doch auch, Erleichterung. und fördert Verständnis . Stelle mir vergleichsweise einen Tod vor , dem qualvolle Sterbezeiten vorausgehen. Da passiert es doch oft dass Menschen in der Begleitung die sie leisteten nicht Frieden finden da sie nicht perfekt war.
Ya-t’il du sens la?
Merci pour partager le jour de la mort de Camus.
Liebe Lina, ja, das ist ein schöner Gedanke! Vielen Dank für diese Ergänzung und ganz herzliche Grüße! Anne-Kathrin
Ich bedanke mich für einen der angenehmsten & gescheitesten Adventskalender, die ich kenne. Hat mich jeden Tag gefreut. Ihre Auswahl war gut, den Denk-Apparat neu zu orientieren.
Haben Sie ein gutes Jahr, verehrte Frau Reif.
Ich grüße Sie herzlich
Ihr
WV
Lieber Herr Vogel, was für ein schönes Lob, das Sie mir da aussprechen! (wobei der größere Teil davon natürlich eigentlich Camus zukommt). Ganz herzlichen Dank und auch für Sie alles Gute 2021! Mit herzlichem Gruß, Anne-Kathrin Reif
EIN SEHR SCHÖNES BILD ! ❣
Petrus von Manosque
Vielen Dank, lieber Pierre!