Vier Tage war dieser Blog nun verwaist. Und, was soll ich sagen: Er hat mir gefehlt. Zwar ist da auf der einen Seite das Gefühl einer Befreiung von der Selbstverpflichtung zum täglichen Eintrag, was entlastend wirkt. Und auf der anderen Seite eine Lücke, die doch deutlich spürbar ist. Ich ertappte mich dabei, wie ich hin und wieder die Blog-Statistik aufrief, um zu sehen, ob es trotz fehlender neuer Einträge Leser gibt, so wie man ständig mit der Zunge in eine frische Zahnlücke hineintastet (und, ja: Es gab sie). Wie immer gilt es erst noch, das richtige Maß zu finden (ich höre schon wieder die anspruchsvollen
Blog-Leser ausrufen, das sei aber nun doch wirklich banal!). Ich dagegen höre dabei die Stimme meines Lehrers Wolfgang Janke, der uns Studenten eindringlich mahnte: Das rechte Maß, die Mitte zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig sei eben gerade kein Mittelmaß, und es zu finden sei das Schwerste. Das war nicht im Camus- sondern im Aristoteles-Seminar, aber auch für Camus ist das „Maß” ja einer der ganz wichtigen, vielleicht der wichtigste Begriff im „dritten Stadium” seines Denkens nach dem Absurden und der Revolte. Was mich zum heutigen Zitat des Tages bringt, dessen Nachdenklichkeitspotenzial sich umgekehrt proportional zu seiner Kürze verhält – wie so oft bei Camus.
„Maß. Sie halten es für die Lösung des Widerspruchs. Es kann nichts anderes sein als die Bestätigung des Widerspruchs und der heroische Entschluss, sich daran zu halten und ihn zu überleben.” (1)
(1) Albert Camus, Tagebücher 1951-1958. Deutsche Übersetzung von Guido G. Meister. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 32. Eintrag von Ende 1951.
Liebe Anne,
auch mir hat das tägliche Nachdenken mit Camus und Dir gefehlt – und zugleich war es auch ein Gefühl der Entlastung, weil ich es oft nicht geschafft habe. Heute morgen habe ich mich gefreut über den Gedanken, dass Maß nicht Mittelmaß bedeutet und der Widerspruch erhalten bleibt. Ich werde ihn mit in den Tag nehmen.
Danke. Hildegard
Sehr weise, für uns Menschen des Überflusses. LG aus La Palma, wo wir jetzt Regen im Überfluss erleben.