Lourmarin. Die örtliche Bibliothek liegt gleich neben der Touristen-Information und verfügt über einen separaten kleinen Ausstellungsraum. Die Ausstellung „Albert Camus – De l’enfance à la Pensée de Midi“ öffnet täglich von 17.30 bis 20.30 Uhr, samstags von 10-13 Uhr, Eintritt frei. Nach dem Besuch der eher bescheidenen Camus-Ausstellung in Aix-en-Provence habe ich meine Erwartungen entsprechend heruntergeschraubt, und so gibt es hier auch keine große Überraschung. Hier wie dort – einen Kurator, eine Kuratorin, die sich erkennbar Gedanken zu Konzept, Präsentation und Vermittlung gemacht hätten, scheint es nicht gegeben zu haben. Der Ausstellungstitel ist insofern gerechtfertigt, als es einige Fotografien aus Camus’ Kindheit und Jugend in Algier gibt und einige Schriftstücke und Bücher aus der letzten Schaffensphase, womit der Bogen gespannt ist. Und natürlich auch ein paar Dinge aus der Zeit dazwischen. Am meisten ziehen mich noch die alten Postkarten und Fotografien von Algier in ihre Bann – ich war nie dort, leider, und kann mir nur schwer ein Bild von dieser Stadt machen, die Camus so viel bedeutet hat. Die ganze Ausstellung ist kaum mehr als ein grob nach Lebensphasen geordnetes Sammelsurium von Fotos, Zeitungsausschnitten, Büchern und einigen Brief- und Manuskriptseiten, das aber aufgrund einiger persönlicher Stücke – wie zum Beispiel einigen Originalgemälden seines Malerfreundes Louis Benisti – irgendwie sympathisch wirkt. Über das Fußballtrikot als Ausstellungsstück hätte Camus sich vermutlich am meisten gefreut.
Blick in die Camus-Ausstellung in der Bibliothek von Lourmarin. © Fotos: akr
Info: Albert Camus – De l’enfance à la Pensée de Midi, Bibliothèque Anne-Marie Chapouton in Lourmarin, 7. Juli bis 17. August, di-so 17.30-20.30 Uhr, sa 10-13 Uhr (Eintritt frei).
P.S.: Albert Camus et la pensée de Midi ist übrigens auch das Thema der 30. Rencontres Méditerranéennes Albert Camus, die am 11./12. Oktober, 9-18 Uhr, in Lourmarin stattfinden (Eintritt frei).
Wer noch Zweifel hatte, wie die Regierung „Hollande“ Frankreichs großen Sohn mißachtet, wird durch diese Ausstellungen eines besseren belehrt. Man könnte es fast mit der Dreyfus Affäre vergleichen. Camus Ruf der Freiheit in den 50er Jahren hat sich den Kommunisten und Sozialisten so fest eingebrannt, dass sie dieses Kainsmal ihres Verrats an den Arbeitern von Ost-Berlin, von Poznan, Budapest und Bukarest bis heute nicht verloren haben. Statt kollektives Versagen aufzuarbeiten, strafen Sie Camus mit Nichtachtung. J’accuse!
Vielleicht gewährt Algerien seinem verlorenen Sohn ein spätes Asyl der Anerkennung. Der Stadverwaltung von Lourmarin gebührt im übrigen Anerkennung, gerade wenn man weiß, mit wie wenig Mitteln „ohne Paris“ auf dem platten Land Kulturpolitik gemacht werden muß. Vielleicht sollte man diese Ausstellung nach Deutschland, Polen, Ungarn und Rumänien einladen, das wäre eine lohnenswerte Aufgabe.