„Am Mittag siegte die Sonne über die kalten Ströme, die seit dem Morgen in der Luft kämpften, und ergoss eine ununterbrochene Flut stetigen Lichts über die Stadt. Der Tag stand still. Die Kanonen der Forts oben auf den Hügeln donnerten ohne Unterlass in den unbeweglichen Himmel. Die ganze Stadt stürmte hinaus, um diese zusammengedrängte Minute zu feiern, in der die Zeit der Leiden endete und die Zeit des Vergessens noch nicht angefangen hatte.
Auf allen Plätzen wurde getanzt. Der Verkehr hatte von einem Tag auf den anderen beträchtlich zugenommen, und die zahlreicher gewordenen Autos kamen in den belebten Straßen nur schwer voran. Die Glocken der Stadt läuteten den ganzen Nachmittag mit vollem Schwung. Sie erfüllten einen blaugoldenen Himmel mit ihren Schwingungen. In den Kirchen wurden nämlich Dankgebete gesprochen. Aber gleichzeitig waren die Vergnügungsstätten zum Bersten voll, und in den Cafés wurden, unbekümmert um die Zukunft, die letzten alkoholischen Getränke ausgeschenkt. An ihren Theken drängte sich eine gleichermaßen erregte Menschenmenge und unter ihnen viele eng umschlungene Paare, die keine Scheu hatten, sich zur Schau zu stellen. Alle schrieen oder lachten. Den Vorrat an Leben, den sie während der Monate angelegt hatten, in denen jeder seine Seele auf kleiner Flamme hatte brennen lassen, gaben sie an diesem einen Tag aus, der gleichsam der Tag ihres Überlebens war. Am nächsten Tag würde das Leben als solches mit seinen Vorsichtsmaßnahmen anfangen. Vorläufig standen Leute sehr unterschiedlicher Herkunft dicht beieinander und verbrüderten sich. Die Gleichheit, die die Gegenwart des Todes nicht wirklich hergestellt hatte, wurde jetzt zumindest für ein paar Stunden von der Freude über die Befreiung geschaffen.” (1)