Gestern stand für mich die Überarbeitung des Kapitels über Camus’ Theaterstück Das Missverständnis auf dem Plan. Darin klagt Martha, die Hauptperson, über ihr trostloses Dasein im „Schattenland“, „Wolkenland“, „Land ohne Horizont“ und träumt von einem anderen Leben in einem sonnigen Land am Meer. Mein Dasein ist zwar alles in allem ganz und gar nicht trostlos, aber dennoch gab es aus der düsteren Atmosphäre des Stücks für mich kein Entrinnen, auch nicht beim derzeit täglichen Spaziergang. Die dick verschneite Landschaft schien sich geradezu eigens für mich in ein extra schönes, den Horizont verschleierndes Gewand gehüllt zu haben. Den ganzen Tag lang herrschte ein dämmriges Zwielicht. Schattenland. Auch ich fange an, mich schon wieder nach Sonne und Meer zu sehnen. Wie Martha zur Mörderin werde ich deshalb aber nicht. Ohnehin halte ich mich in diesem Stück lieber an Maria. Nicht nur, weil sie am Ende die einzige Überlebende der Protagonisten sein wird, sondern weil sie so vehement für die Liebe eintritt. Und so schöne Sätze sagt wie diesen:
„Männer wissen nie, wie die Liebe sein muss. Nichts befriedigt sie. Sie vermögen nichts anderes, als zu träumen, neue Aufgaben zu ersinnen, neue Länder und neue Heimstätten zu suchen. Wir hingegen wissen, dass wir uns beeilen müssen zu lieben, dass es darauf ankommt, das gleiche Lager zu teilen, uns die Hand zu reichen, das Fernsein zu fürchten. Wer richtig liebt, hängt keinen Träumen nach.“ (1)
Bevor jetzt alle männlichen Blog-Leser aufheulen: Ich weiß, dass der erste Teil des Zitats nicht auf alle Männer und der zweite nicht auf alle Frauen zutrifft. Aber es lohnt sich trotzdem, darüber nachzudenken.