Was für einen schönen Besuch hatte ich heute! Zum zweiten Mal in meinem Leben habe ich nun für einen Film über Camus in die Kamera gesprochen. Nicht in eine Profi-Kamera, nicht mit großem Aufwand ausgeleuchtet (wie bei Lektüre fürs Leben von Joel Calmettes) sondern ganz unkompliziert in eine kleine Digitalkamera. Und die hielt auch kein Profi-Kameramann oder -Regisseur in der Hand sondern Bermal Bek und Gonca Yönlü, die sich beim Fragen und Filmen abwechselten. Die beiden sind 18 Jahre alt und Schülerinnen der Jahrgangsstufe 12 an der Wuppertaler Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule. Und sie drehen ein Video, mit dem sie ihren Mitschülerinnen und Mitschülern Albert Camus näher bringen wollen. Das ist nicht etwa – wie ich zuerst dachte – ein Projekt aus dem Philosophieunterricht – nein, auf die Idee sind sie ganz allein gekommen, nachdem sie im Camus-Jahr 2013 auf ihn gestoßen waren, bei einem Hamburg-Besuch die Aufführung von Der Fremde im Thalia-Theater gesehen hatten und begonnen haben, sich mit Camus näher zu beschäftigen. Und dann feststellen mussten, dass sie ihre Begeisterung nur schlecht vermitteln konnten, weil kaum einer in ihrem Umfeld Camus kannte.
Die beiden kamen bestens vorbereitet mit einem Schwung Fragen, und ich bin noch immer beeindruckt von diesen aufgeweckten, klugen, engagierten jungen Frauen. Ein klein wenig nostalgisch hat mich dieser Besuch aber auch gestimmt. „Wann haben Sie Camus entdeckt, und was hat Sie an ihm beeindruckt?“, haben sie mich natürlich auch gefragt. Und natürlich musste ich daran denken, dass ich genau in dem selben Alter war wie meine Interviewerinnen, und auf was für eine kurze Strecke 35 Jahre mal eben so zusammenschnurren, wenn Erinnerungen plötzlich lebendig werden. Genauso hat mich dieser Besuch aber auch sehr froh und zuversichtlich gestimmt: Wie schön ist es doch, dass dieser Camus-Funke immer wieder neu zündet! Zu danken habe ich Bermal und Gonca auch, denn wann immer ich jetzt wieder einmal junge Menschen unentwegt auf ihren Smartphones herumdaddeln sehe und anfange, leicht tantig über die Jugend von heute herumzugrummeln, brauche ich nur wieder an diese beiden denken. Merci – und ich bin schon gespannt auf das Video!
Wir sind auch neugierig auf das Video.
Inzwischen ahnt einer dort, wo nicht nur toskanische Gefilde beginnen sollen,
dass über der Wupper sich manche großen Geister (weibliche inbegriffen) in Vergangenheit und Gegenwart entfaltet haben.
Gewiß, Camus ist eine Welt für sich. Aber der Name der Schule, an welcher die beiden
Camus-Interessierten sind, wäre eine weitere Welt, von der Lassalle-Straße ganz zu schweigen.
Wupper trifft Neckar (die Weschnitz kennt kaum jemand im Nord-Westen)
Toni